reispross besucht wieder den Jagdfux in der Rhön. Neue Technik ansehen und natürlich auf Sauen…
Praxistest Merkel RX.Helix
Ich habe schon viele Autos besessen und jedes hatte seine Vorteile. So war mein Golf I GTI für mich als 19jähriger Youngster gefühlt genau richtig. Er brachte allerdings diverse Punkte im Flensburger Verkehrsregister. Als junger Vater und Hausbauer fuhr ich einen betagten VW Kombi mit einem riesigen Kofferraum, der eine Vielzahl von Zementsäcken fasste. Jetzt als Jäger versuche ich den Kompromiss zwischen einem sparsamen, bequemen Alltagsauto und einem tauglichen Revierfahrzeug zu finden.
Ich habe mit Absicht diesen Anfang gewählt, weil es aus meiner Sicht mit der Wahl der geeigneten Jagdwaffe genauso ist. Es gibt nicht DIE Waffe, sondern der eigene Geschmack, Anspruch und Anwendungsbereich bestimmt, welche Jagdbüchse es werden soll. Wie sagte mir mal ein Büchsenmacher einer renommierten Waffenschmiede, „Schießen tun sie alle, der Rest ist persönlicher Geschmack.“.
Meine erste Jagdwaffe war neben einer Bockdoppelflinte eine STEYR GK im Kaliber 7×64. Der Schloßgang ist einmalig, aber es gab neben dem empfindlichen Holzschaft und des pflegebedürftigen Laufes zwei elementare Ausschlußkriterien. Zum Einen der deutsche Stecher und kein herausnehmbares Magazin.
Das führte dazu, dass ich mir speziell für Ernte- und Drückjagden einen alten, wackeligen, aber führigen 98iger mit kurzem Lauf, variablen Sutter-Glas und Rotpunktvisier kaufte. Der kleine Waffenschrank war langsam voll und vor den Jagdtagen stand immer die Entscheidung, welche Büchse nehme ich denn heute mit. Der Wunsch nach einem herausnehmbaren Magazin blieb da noch unerfüllt.
An den beiden Jagdbüchsen erfreuen sich jetzt andere Jäger und so zog die Mauser M12 Extreme (siehe gesonderter Test) ein, die mit zwei Optiken als Allrounder in den heimischen Waffenschrank einzog.
Dann bekam ich die RX Helix von Merkel Jagdwaffen mit folgender Konfiguration angeboten,
- Kaliber 30.06
- kanellierter Semiweightlauf mit offener Visierung, 56 cm
- Schwarze Systemausführung
- Kugelkammergriff
- 2 Magazine (3+1/5+1 Schuss)
- Zieglermontage mit Schmidt & Bender Stratos 2,5-13 x 56 Absehen FD 7
- Kunststoffschaft Alpinist mit verstellbarer Schaftkappe
- Wechsellauf Holz Noblesse, Holzklasse 7 mit Ebenholzabschluss
- Preis ca. 3700 € (ohne Zieloptik)
Jetzt im Mai führe ich die Merkel RX Helix seit einem Jahr und konnte sie bei der Ansitz-, Pirsch-, Ernte- und Drückjagd mit Erfolg einsetzen. Das vorab die Büchsen ist in Sachen Präzision, Zuverlässigkeit und Handhabungssicherheit die beste Jagdwaffe, die ich bisher besessen habe.
Kurz zu den technischen Besonderheiten… . Es ist eine zerlegbare Repetierbüchse (take down) mit einer Weiterentwicklung eines klassischen Drehkopfverschlusses, der durch seine Helixbewegung die RX.Helix zum linearen Repetierer (Geradezugrepetierer) kombiniert.
Dabei stört keine Dreh- oder Kippbewegung. Auch verlässt der Verschluss den geschlossenen Systemkasten nicht. So kann die Wange des Schützen beim Repetiervorgang an der Schaftbacke bleiben und eine durchgehende Zielerfassung ist möglich. Ich für meinen Teil musste das jedoch üben, da ich anfangs immer noch das Gesicht bzw. die Büchse beim Nachladen absetzte.
Schnelle Trefferserien mit der Merkel RX.Helix kann man sich im Film „Schwarzwildfieber 5“ ansehen und sicher ist die Triplette nach Jahren der Übung möglich. Der erste Schuss ist aber n.m.M. der Wichtigste. Aber sollte der Treffer mal nicht im Leben liegen, bekommt der Schütze in Sekundenbruchteilen eine 2. oder 3.Chance.
Die Waffe ist durch die geräuschlos bedienbare Handspannung unverzüglich sicher oder eben feuerbereit. Der Ladevorgang von modernen Repetierbüchsen ist hörbar. So machen auch bei der Helix das Einführen vom Magazin, aber spätestens das Schließen des Systems und Laden der Patrone ins Lager merklich Geräusche. In Memoriam perpetuam Steyr GK.
Hier geht es ja um die Praxiserfahrungen und der erste Eindruck beim Einschießen der Waffe auf dem Stand zog sich durch. Ich schoss die Helix auf die RWS Hit ein und zur Probe schoss ich die Hornady Super Performance. Beides sind bleifreie Geschosse. Beide Trefferbilder lagen zusammen. Das Ganze habe ich jetzt nach Monaten auf dem Schießstand wiederholt.
Die Repetierbüchse der Suhler Waffenmanufaktur schießt nicht nur auf dem Stand, sondern auch im Feld wie Gift. So habe ich sie liebevoll „Sauenschreck“ genannt, weil sie sich unter anderem bei der anspruchsvollen Pirsch- und Ansitzjagd auf Schwarzwild mehr als bewährt hat. Dabei konnte es sommerlich heiß oder klirrend kalt sein. Und das obwohl ich bei der Pflege der Waffenbestandteile eher rüpelhaft bin. So hat der Lauf lediglich unregelmäßig die Laufreinigungsschnur gesehen.
Auch deshalb hatte ich mich für einen Kunststoffschaft entschieden. Wie bereits bei der Mauserbüchse enttäuschen die Kunststoffschäfte in Sachen „optischer“ Haltbarkeit.
Klar sind sie einfach zu reinigen. Die Büchse steht beim Ansitz in der Ecke der Kanzel und die Schlammschuhe des Jägers kommen unweigerlich mit dem Schaft in Kontakt. Kein Problem, denn zu Hause wird der Schaft unter den laufenden Wasserhahn gehalten und einfach abgewischt. Das brachte nicht nur einmal den neidischen Blick eines „zum Ansitz die Büchse im Futteral tragenden und regenfürchtenden Holzklasse 7-Schaftbesitzers“ ein. Nur das die Oberfläche des Alpinistschaftes jetzt leichte, feine Kratzer zeigt, die in der Sonne aus dem Schaft einen Grauschimmel machen. Das kann jetzt kleinlich sein, denn letztlich entscheidet man sich ja nicht aus ästhetischen Gründen für einen Plastikschaft.
Die verstellbare Schaftbacke des Alpinistschaftes ermöglicht die Anpassung an die Maße des Schützen. Ein schneller Anschlag beim Schuss auf flüchtiges Wild wird nach meinem Empfinden deutlich begünstigst. Die Schaftbacke wird über zwei Haltestifte im Schaft geführt und kann vertikal verstellt werden. Die Haltestifte werden durch seitlich angebrachte Schrauben fixiert. Das hielt jedoch bei meinem Schaft nicht zuverlässig. Mindestens einmal verlor ich die ausgefahrene Schaftbacke im Weizen, weil die Verschraubung die Haltestifte nicht fest arretierte. Bei der „Nachsuche“ konnte ich sie aber wiederfinden. Sollte das ein wiederkehrendes Problem sein, bedarf es hier der Optimierung.
Für den ästhetischen Auftritt habe ich den wunderschönen Holzschaft, der innerhalb von fünf Minuten mittels eines langen Mehrkantschlüssels verbaut wird. Aber wenn die Kratzer im Kunststoffschaft mich zusammenzucken lassen, wird der erste Kratzer im diesem Holzschaft sicher zu einer Kurzzeitlähmung führen. Dann werde ich auch „zum Ansitz die Büchse im Futteral tragenden und regenfürchtenden Holzklasse 7-Schaftbesitzers“.
Letztlich ist es wie beim Autokauf. Das Auto muss von A nach B fahren und der Käufer entscheidet nach eigenem Ermessen, ob ein Doppelkupplungsgetriebe, eine Klimaanlage oder getönte Autoscheiben verbaut sein müssen.
Bei meiner Jagdbüchse habe ich mit der Merkel RX.Helix eine moderne, leistungsfähige Repetierbüchse gefunden, die zuverlässig eine Spitzenleistung und jagdlichen Erfolg bringt. In Kombination mit der entsprechenden Zieloptik (hier Schmidt & Bender Stratos 2.5-13 x 56) kann man sie als jagdlichen Allrounder bezeichnen und mit dem Wechselschaft aus Holz ist sie zudem noch eine Schönheit.
In diesem Sinne. Gruß und Waidmannsheil.
Euer Dreispross
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